Megazystis, Posteriore Urethralklappen, LUTO, UUTO (Harnabflussstörungen)

Bei einigen ungeborenen Kindern wird im Rahmen der üblichen Vorsorgeuntersuchungen per Ultraschall der Verschluss ihrer Blase (LUTO) und/oder auch der oberen Harnwege (UUTO) festgestellt. Diese Fehlanlage(n) verhinder(n)t den Ablauf des Urins in die Fruchthöhle. In Folge vergrößert sich die Harnblase (Megazystis). In schweren Fällen nimmt allein die Harnblase den Unterbauch des Kindes zum großen Teil ein. Manchmal kommen auch noch stark vergrößerte Nieren und Harnleiter dazu.
Bei hochgradigen Abflussstörungen können schon innerhalb weniger Wochen beide kindliche Nieren so stark geschädigt werden, dass sie schon lange vor der Geburt aufhören Urin zu produzieren. Geschieht dies schon vor der 22. Schwangerschaftswoche, wird durch das fehlende Fruchtwasser (fetaler Urin) die Lungenentwicklung des Ungeborenen zusätzlich lebensbedrohlich beeinträchtigt (Lungenhypoplasie).
In weniger schweren Fällen verlieren die Nieren erst in den ersten Lebensmonaten oder nach Jahren ihre Funktion. Da hierbei meistens eine für die Lungenentwicklung ausreichende Fruchtwassermenge gebildet wird, ist weniger mit einer lebensbedrohlichen Unterentwicklung zu rechnen.
Erfreulicherweise gibt es auch leichte Verläufe, die sich spontan zurückbilden und ohne Folgen für die Kinder bleiben. Hierbei sollten zur Sicherheit dennoch zusätzliche Fehlbildungen anderer Organsystem sowie Erbgutstörungen ausgeschlossen werden!

Folgen moderater und schwerer fetaler Urin-Abflussstörungen
Ohne vorgeburtliche Therapie verlieren die meisten Kinder bei hochgradiger und immer noch viele der Kinder mit moderater Blasenabflussstörungen ihre Nierenfunktion. In der Gruppe der vor der zwanzigsten Schwangerschaftswoche von einer hochgradigen Abflussstörung betroffenen Kinder, geht ohne vorgeburtliche Behandlung auch die Lungenfunktion über den Verlauf der Schwangerschaft verloren.

Diagnostik
Mit Hilfe der fetalen Ultraschalluntersuchung (Sonografie) ist es bei ausreichenden Sichtbedingungen leicht möglich, einen therapeutisch bedeutsamen Urinaufstau zu diagnostizieren.
Auf Grund der Kleinheit der kindlichen Strukturen, der Verdrängung weiterer innerer Organe durch die erweiterten Harnwege sowie Unsicherheit bei der Bestimmung des Geschlechts können gerade in der Frühschwangerschaft eventuelle weitere Fehlbildungen nicht sicher ausgeschlossen werden. Auch wenn oftmals anders behauptet, ebenfalls ungeeignet sind gerade in der frühen Schwangerschaft Untersuchungen des fetalen Urins, die spätere Funktion der Nieren vorherzusagen.

Verlieren Sie keine Zeit!
Leider wird nach sehr früher Diagnose hochgradiger Obstruktionen um die
12. Schwangerschaftswoche von vielen Untersuchern das für die Nierenfunktion therapeutische Fenster von etwa 4 bis 6 Wochen, durch Hoffen auf eine mögliche spontane Rückbildung des Urinaufstaus sowie durch das Warten auf die Durchführung und Ergebnisse von Erbgutuntersuchungen oder auf eine drastische Abnahme der Fruchtwassermenge und auch durch wiederholte Urinwertbestimmungen verpasst! 

Wenig erfahrenen Untersuchern ist meistens auch nicht bewusst, dass viele der ihnen zur Auswahl von für vorgeburtliche Eingriffe in der medizinischen Literatur vorgeschlagene Auswahlkriterien nicht auf die am schwersten in der Frühschwangerschaft betroffenen Kinder zutreffen und verwendet werden können. So wird auch hier für die Rettung der Nieren wichtige Zeit verpasst, bis die Kriterien schließlich angewendet werden können.
Daher ist entscheidend, dass Sie nach Diagnose einer Harnwegsobstruktion ihres Kindes sofort Kontakt zu einem Spezialzentrum aufnehmen!

Behandlung am DZFT
Am DZFT versuchen wir daher, den Harnaufstau schon innerhalb weniger Tagen nach Diagnosestellung zu entlasten. Bestenfalls geschieht dies in der Frühphase der Schwangerschaft.
Zu diesem Zweck kann in ausgewählten Fällen die Abflussstörung entweder mittels Laserenergie direkt beseitigt werden. Am häufigsten, wird nur ein kleiner Schlauch in die Blase eingelegt. Letzterer leitet den Urin aus der Blase in die Fruchthöhle ab, und wird als vesico-amnialer Shunt bezeichnet.
Wenn möglich, wird dann zeitgleich mit der Intervention das zur Erbgutdiagnostik wichtige Material gewonnen. Nach Entlastung der Harnwege kann das Geschlecht meistens schon sonographisch erkannt werden. Somit sind mütterliches und kindliche Trauma von Intervention und Diagnostik identisch. Auch alle mütterlichen Entscheidungsmöglichkeiten über den weiteren Verlauf der Schwangerschaft bleiben nach diesen Erstmaßnahmen unberührt. Unserer Meinung nach wichtige Vorteile unserer Strategie bei hochgradigen Harnabflussstörungen.

Das DZFT ist auf vorgeburtliche Shunt-Einlagen spezialisiert 
Bei kleinerem Blasendurchmesser in den frühen Schwangerschaftswochen und noch vorhandenem Fruchtwasser stehen verschiedene Interventionsmaterialien zur Verfügung.
Bei der Drainagetherapie der Megazystis kann bei verminderter Fruchtwassermenge und einem Blasendurchmesser von etwa 4 cm auch auf eine Auffüllung der Fruchthöhle (Amnioninfusion) verzichtet werden. Das minimiert die zur Katheter-Einlage erforderlichen Manipulationen. Da sich der äußere Schenkel des verwendeten Katheters nicht – wie bei der bislang üblichen Behandlung mit einem Double-Pigtail-Katheter oder einem Draht-Stent-Shunt – in der Gebärmutterwand oder im Mutterkuchen verfangen kann, verringert sich das Risiko für das Auftreten vorzeitige Blasensprünge. Da die Drainage zudem einen größeren Durchmesser hat und deutlich länger ist, verstopft und verrutscht sie seltener.
Bei etwa 25% der Ungeborenen besteht trotz erfolgreicher Ableitung der Blase weiterhin ein deutlicher Aufstau des oberen Harntraktes (UUTO) sowie der Nieren. Je nach Schwere des Befundes behandeln wir auch diese Ungeborenen im Rahmen von Zweiteingriffen, da eine hochgradige Abflussstörung der oberen Harnwege prinzipiell die gleichen negativen Folgen (Verlust der Nierenfunktion, Fruchtwassermangel, Lungenentwicklungsstörung) nach sich zieht.

Ergebnisse der Shuntbehandlung am DZFT
Etwa 75% der vor Vollendung von 16 Schwangerschaftswochen behandelten und die Schwangerschaft überlebenden Patienten kommen mit der am DZFT erdachten Auswahlstrategie und technisch verbesserten Therapie mit laborchemisch normaler Nierenfunktion Funktion und gesunden Lungen auf die Welt. Bei ab der 17. bis zur Vollendung der 24. Woche behandelten Kindern ist dies nur noch bei etwa 40% der Fall. Ab der 25. Woche haben nur noch bei etwa 20% der Kinder eine normale Nierenfunktion beobachten können. Diese Beobachtungen unterstreichen die Bedeutung eines umgehenden Behandlungsbeginns nach Diagnosestellung.
Etwa 25-30% der vorgeburtlich bis zur Vollendung der 24. Woche behandelten Kinder überleben die Schwangerschaft nicht. Der häufigste Grund hierfür ist, die mütterliche Entscheidung zur Beendigung der Schwangerschaft bei ausbleibendem Behandlungserfolg (die Fruchtwasserbildung bleibt aus). In etwa 10% der Fälle versterben Ungeborene nach der Intervention oder im weiteren Schwangerschaftsverlauf.

Was kann ich tun, wenn ich das Leben meines Kindes bei schon vor seiner Geburt verlorener Nierenfunktion retten möchte?
Bei schon in den ersten Lebenstagen ausbleibender oder zu geringer Urinproduktion eines nierenerkrankten Neugeborenen, besteht in Deutschland seit mehr als zehn Jahren die Möglichkeit eine Nierenersatztherapie (nachgeburtliche Bauchfelldialyse) durchzuführen. 
Aus diesem Grund wurde die Möglichkeit der nachgeburtlichen Bauchfelldialyse vom DZFT als erstem Behandlungszentrum systematisch in die Planung der Weiterführung der vorgeburtlichen Behandlung von potentiell niereninsuffizienten Neugeborenen mit einbezogen.
Da von den meisten der für eine Bauchfelldialyse in Frage kommenden Ungeborenen schon über mehrere Monate vor ihrer Geburt kein Urin mehr ausgeschieden wird, kommt es zu einer lebensbedrohlichen Unterentwicklung ihrer Lungen. Etwa 90% vorgeburtlich nicht an ihrer Lungenunterentwicklung behandelten Ungeborenen mit mehrmonatigem Fruchtwassermangel versterben. 
Um diesen Verlauf aufzuhalten und eine für die nachgeburtliche Bauchfelldialyse gut ausreichende kindliche Lungenfunktion zu erreichen, hat das DZFT eine Baby-Lungen-Rettungsstrategie entwickelt. Hierbei werden mit Hilfe von wiederholten Fruchtwasserauffüllungen sowie mitunter auch durch Verwendung eines fetoskopisch platzierten Trachealballons (FETO), die Größe und Funktion der fetalen Lungen aufrechterhalten.
Die Überlebenschancen von einer Lungenhypoplasie betroffener Kinder können hierdurch wesentlich verbessert werden. Gern beraten wir Sie hier im Einzelfall und stellen den Kontakt zu anderen Familien für Sie her. 

Patientenkomfort und -sicherheit stehen für uns an erster Stelle
Alle vorgeburtlichen Eingriffe bei Ungeborenen mit hochgradigen Harnwegsobstruktionen werden am DZFT zwischen der 12. und 32. Schwangerschaftswoche in einem Operationssaal mit Antibiotikaprophylaxe durchgeführt. Hierfür erhalten Schwangere und Fetus eine Schmerztherapie. Durch diese Maßnahmen werden das Infektionsrisiko sowie der eingriffsbedingte Stress für Mutter und Kind auf ein Minimum reduziert. Dies ist insbesondere auch bei wiederholten Eingriffen ein unserer Meinung nach unverzichtbarem Vorteil.
Bei weiteren Fragen zur minimal-invasiven Behandlung vorgeburtlicher Harnwegs- oder Nierenerkrankungen oder um sich eine Zweitmeinung einzuholen kontaktieren Sie das DZFT bitte täglich zwischen 10 und 17 Uhr unter der Nummer 0175/597-1213 oder senden Sie uns eine E-Mail. Falls Sie nur den Anrufbeantworter erreichen, hinterlassen Sie bitte Ihren Namen sowie eine Telefonnummer, unter der wir Sie zurückrufen können.

Sollten Sie sich bereits zur Durchführung eines Eingriffs an einer anderen Klinik entschieden haben: Wir beraten Sie auch in diesem Falle gern und bieten eine prognostische Zweit-Einschätzung der Erkrankung Ihres Kindes an.